Beschluss der Landesmitgliederversammlung der Grünen Jugend Bremen vom 24.04.2022.
Als Grüne Jugend kämpfen wir dafür, dass jede Schule eine Schule für alle wird.
Davon sind wir allerdings noch sehr weit entfernt. In diesem Antrag beschreiben
wir deshalb unsere Vision eines gerechten und inklusiven Schulsystems. Außerdem
stellen wir konkrete Forderungen für die Schulen von heute, damit Schüler*innen
besser vor Gewalt und Diskriminierung geschützt werden, soziales Lernen einen
höheren Stellenwert bekommt und digitale Bildung auf der Höhe unserer Zeit
Realität wird.
Inklusion muss eine gelebte Selbstverständlichkeit an allen Schulen im Land
Bremen werden. Kinder und Jugendliche sollen eine wohnortnahe Grundschule und
später eine weiterführende Schule ihrer Wahl besuchen können. Dabei darf es
keine Einschränkungen geben – jedes Schulgebäude muss barrierefrei sein und sich
immer wieder mit Blick auf die Bedarfe der jeweils aktuellen Schüler*innen
verändern lassen. Vielfältiges, multiprofessionelles Personal muss in der Lage
sein, auf die Bedarfe der Schüler*innen einzugehen und ihnen so bestmögliches
Lernen zu ermöglichen, das nicht mehr frontal für alle im Gleichschritt
stattfindet. Stattdessen sollen die Schüler*innen in einem gemeinsamen Rahmen
mal individuell und mal in Gruppen in verschiedenen, handlungsorientierten
Projekten und an persönlichen Fragestellungen und Lernzielen lernen.
Die Arbeit an Schulen muss von gegenseitiger Wertschätzung und einem starken
Miteinander geprägt sein, in dem Mobbing keinen Platz findet, Diskriminierung
kritisch besprochen und abgebaut wird und Schulleistungen nicht mehr über den
Wert von jungen Menschen entscheiden. Schüler*innen haben ein Recht darauf, ohne
Notenstress bis in die Abschlussstufen zu lernen, weshalb wir entsprechend die
Abschaffung von Ziffernnoten fordern. Elitäre Abgrenzungen ein zelner Schulen –
auch durch den Status als »Gymnasium« lehnen wir ab. Alle Gymnasien müssen sich
schnellstmöglich zu Oberschulen weiterentwickeln. Vielfältige, aber immer
inklusive pädagogische Konzepte müssen an den Schulen zum Einsatz kommen, sodass
für jede*n Schüler*in ein optimaler Lernraum besteht. Schulen in freier
Trägerschaft sollen in staatliche Schulen umgewandelt werden.
So kann vielfältige persönliche, kulturelle und politische Bildung für alle
verwirklicht werden, was die Grundlage für die gleichberechtigte
gesellschaftliche und demo- kratische Teilhabe aller jungen Menschen bildet,
unabhängig von ihrem Geschlecht, Behinderungen, Rassismuserfahrungen und dem
Geldbeutel ihrer Eltern.
Schulen müssen sichere, soziale Orte werden
Mehr als Wissen – Schule mit soziale Kompetenzen
Schulen und KiTas sind für viele Kinder – insbesondere wenn sie mit Ganztag
besucht werden – wichtige Orte, um soziale Kompetenzen zu erwerben. In der
Corona- Pandemie wurden durch unverantwortliche Politik soziale Kontakte von
Kindern und Jugendlichen massiv beschränkt und manche Kinder haben außerhalb der
Schule niemanden getroffen. Deshalb muss es umso mehr Bemühungen um
niedrigschwel- lige und kostenlose, soziale Lernangebote für alle Kinder und
Jugendlichen geben! Es braucht dringend mehr pädagogische Fachkräfte, wie
Erzieher*innen und Schulso- zialarbeiter*innen und einen gut rhythmisierten
Ganztag, in dem soziales Lernen einen zentralen Platz bekommt. Die Ausstattung
mit Schulpsycholog*innen und Schulsozialarbeiter*innen muss selbstverständlich
werden. Außerdem muss die so- zialpädagogische Kompetenz von allen pädagogischen
Fachkräften, sowie Schul- leitungen zu Themen wie Mobbing, Häusliche Gewalt und
Diskriminierungsabbau durch Fort- und Weiterbildungen verbessert werden.
Verschiedene Theater-, Tanz-, Erlebnis-, Sport-, Musik- und weitere pädagogische
Angebote haben darüber hinaus das Potenzial, Schüler*innen nicht nur in ihrer
Entwicklung zu stärken, sondern auch noch, ihnen vielfältige Lerngelegenheiten
in verschiedenen sozialen Kontexten zu ermöglichen.
Diskriminierung strukturell abbauen!
Unsere Gesellschaft ist bunt und vielfältig. Trotzdem wird nicht jede*r so
akzeptiert wie er*sie ist, Diskriminierung findet täglich statt und kann
psychische Folgen für die Betroffenen haben. In Schulen sollten Kinder und
Jugendliche eigentlich lernen, wie wichtig eine vielfältige Gesellschaft ist.
Daher ist es umso schlimmer, wenn Schüler*innen von Lehrkräften diskriminiert
werden. Diskriminierung durch Lehrkräfte wird häufig klein geredet und nicht
ernst genommen. Für die Lehrkräfte gibt es häufig keine oder nur geringe
Konsequenzen, für die Betroffen sind die Konsequenzen allerdings enorm.
Diskriminierung in Schulen muss auf verschiedenen Ebenen bekämpft werden.
Eltern sollen sensibilisiert werden und Hilfestellungen bekommen, um ihre Kinder
ernst nehmen und stärken zu können.
Lehrkräfte müssen flächendeckend sensibilisiert und fortgebildet werden zum
Umgang mit Diskriminierung.
Schulleitungen müssen Verantwortung übernehmen, Beschwerden empathisch begegnen
und sie ernst nehmen. Sie müssen die Bereitschaft aufbringen, schulische
Strukturen weiterzuentwickeln. So können Schüler*innen schon schulintern viel
Unterstützung erfahren. Zusätzlich braucht es aber auch externe Beschwerde- und
Beratungsangebote für betroffene Schüler*innen und Eltern. Externe können
entsprechend der Notwendigkeiten neutral (Beschwerdestellen) bzw. parteiisch im
Sinne der Betroffenen (Beratungsstellen) sein. Solche Stellen müssen vielfältig
besetzt sein und auch selbst betroffene Ansprechpartner*innen für die
Schüler*innen bieten.
Kinder vor Gewalt schützen
Viele Kinder erleben zu Hause psychische und körperliche Gewalt. Das führt zu
Traumafolgestörungen, und behindert sie in ihrer Entwicklung und im Lernen in
der Schule und. Das Recht jedes Kindes, gewaltfrei aufzuwachsen, muss endlich
Realität werden. Dafür braucht es eine bessere Unterstützung der Schulen durch
das Jugendamt und eine kontinuierliche Kooperation. Dabei ist insbesondere der
akute Schutz der Kinder und die Arbeit mit gewalttätigen Eltern enorm wichtig,
die die Lehrkräfte nicht alleine bewältigen können. Es gibt Unsicherheiten im
Umgang und viel zu viele Meldungen an das Jugendamt, die ins Leere laufen und
damit viel zu viele Kinder, die nicht vor dauerhafter Gewalt beschützt sondern
alleine gelassen werden. Das darf so nicht weitergehen! Meldungen müssen ernst
genommen werden und Kinder müssen die Unterstützung bekommen, die sie benötigen.
Lehrkräfte können nicht das vielfache Versagen des Jugendamtes ausgleichen und
besitzen weder die fachliche Qualifikation, noch die geeigneten Mittel, noch die
Zeit dazu. Auch Schulsozialarbeiter*innen sind bereits ausgelastet. Wir fordern
die Unterstützung und den Schutz jedes Kindes. Ein wichtiger Schritt dafür kann
es sein, eine bei dem Jugendamt angestellte Fachkraft an jeder Schule fest zu
installieren und das Personal aufzustocken, das mit den Familien
zusammenarbeitet. Darüber hinaus fordern wir eine Abschaffung der Pflicht, dass
Meldungen der Lehrkräfte an das Jugendamt über die Schulleitung gehen müssen.
Außerdem wollen wir eine Verpflichtung zur Meldung von Vorkommnissen ans
Jugendamt einführen. Zudem möchten wir Fortbildungen explizit für die
Schulleitung anbieten und die Schulleitung insbesondere im Bezug auf
protestierende Eltern unterstützen und fachliche Beratungen anbieten. Es braucht
mehr vielfältige, präventive und mehrsprachige Maßnahmen für Eltern. Aufsuchende
Programme, niedrigschwellige Angebote und Vorträge bei Elternabenden zu
häuslicher Gewalt, Schäden die durch häusliche Gewalt entstehen und über
Strategien zu Vermeidung dieser, sollen wichtige Elemente einer notwendigen
Gesamtstrategie sein. Häusliche und sexualisierte Gewalt muss an allen Schulen
regelmäßig und in pädagogisch hochwertigen Programmen altersgerecht behandelt
werden. Inwiefern Gewaltsituationen Zuhause stattfinden, soll gezielt bei
Entwicklungsgesprächen zwischen Schüler*innen und Lehrkräften/
Schulsozialarbeiter* innen und über Fragebögen bei Eltern und Schüler*innen
regelmäßig abgefragt werden.
Schulen von heute für morgen – multimedial &
digital kompetent!
Das Smartphone und andere digitale Medien sind zentraler Teil unseres Lebens
geworden. Im Lehrplan soll die Digital- und Medienkompetenz aus diesem Grund
auch einen zentralen Ort einnehmen. Medienkompetenz muss zudem auch sozial
gedacht werden, damit zukunftsorientiert alle am gesellschaftlichen Leben
teilhaben. Es muss dazu Realität werden, dass jede*r Schüler*in ein nutzbares
und nicht komplett gesperrtes digitales Endgerät von der Schule gestellt
bekommt. Hierzu sollte ab dem fünften Schuljahr die Software-Limitierung
deutlich gelockert werden, damit die Schüler*innen den Umgang mit den Medien mit
den Geräten fachgerecht Hand-in-Hand mit den Lehrkräften erlernen.
Nicht alles im Internet ist vertrauenswürdig und transparent. Deswegen müssen
Differenzieren und ein generelles Achtgeben so früh wie möglich im Schulalltag
gelernt werden, um ein verantwortungsvollen Umgang im Internet zu beherrschen.
Dynamiken eines Gruppenchats sind auch im Unterricht und Schulleben spürbar. Für
Lehrkräfte ist es deshalb wichtig zu wissen, wie sie mit Cybermobbing innerhalb
der Schüler*innenschaft oder gegen sie selbst umgehen und dürfen nicht außen vor
in der digitalen Kommunikation der Klasse stehen.
Unsere Forderung: Regelmäßige Digital-Schulungen für Lehrkräfte an allen
Schulformen!
Es gibt unendlich viele Möglichkeiten den Unterricht digital aufzuwerten und vom
monotonen Frontalunterricht abzuweichen. Die Nutzung der Lernplattform
ItsLearning scheitert in Bremen jedoch zu oft an mangelhafter Aufbereitung von
Arbeitsaufträgen. Auch sollte man digitale Lernplattformen nur dann nutzen, wenn
sie wirklich sinnvoll sind, und nicht nur, um Aufwand zu mindern. Das bedeutet,
dass alle Lehrkräfte sich in digitaler Didaktik fortwährend fortbilden, sie
verstehen und vor allem anwenden müssen. Lehrkräften muss die Angst vor dem
digitalen Wandel genommen werden.
Zentral fordern wir deshalb umfassende Schulungen der Lehrkräfte zu
Lernplattformen (insb. ItsLearning), um das Potential von Lernplattformen
auszuschöpfen!